Ode To Whiskey

(RelaxRecords)

Da entdeckt auch noch der hoffnungsloseste Romantiker den Skeptiker in sich: Ein CD-Pro­jekt aus großer Liebe zu Irland, zu dessen Musik und dessen Lieblingsspirituose - ob daraus etwas künstlerisch Vernünftiges werden kann?
Ein Blick auf die Titelliste lässt Schlimmes be­fürchten; es gibt doch eigentlich längst genug Versionen von "Sheebeg And Sheemore", von "Danny Boy" und vom "Star Of The County Down". Und gehört nicht "Loch Lomond" ein­deutig zu Schottland und dessen Kulturerbe?

Ach, was soll's, der Whiskey überwindet jede Grenze. Und die Musik überzeugt nach den ersten beiden etwas spannungsarmen und biederen Titeln immer mehr. Denn Michael Graefe zeigt nach und nach, was er gitarristisch alles draufhat. Er kann bei Be­darf quasi-klassisch spielen, mit feinem Anschlag und sau­berem Kontrapunkt, wenn es beispielsweise um Stücke des blinden Harfenisten Turlough 0'Carolan geht; so bedeutet "Miss McDermott Or The Royal Princess" etwa schlicht und ein­fach 97 Sekunden im Himmel. Dann wieder arrangiert er "Danny Boy" als Solo-Fingerstyle Titel mit Rubato-Timing, Bends und leichtem Vibrato in der schwelgerisch ausschwingen­den Melodielinie so herzergreifend offen und dabei zugleich doch so kitschfrei, wie man es sich schon immer gewünscht hat. "Loch Lomond" wiederum kommt, auf einer 12-saiti­gen McIlroy gezupft, fast mit barocker Größe und Wucht daher. Es mag ja an der Voreinge­nommenheit des Gitarrenfans liegen, doch ir­gendwie wirken die Solostücke origineller als die Ensemble-Titel, die es hier auch gibt. Und wenn schon! Am Ende dieses Albums entdeckt der griesgrämigste Skeptiker selig tanzend eh noch den unverbesserlichen Irland-Romanti­ker in sich.